Nürnberg. Der Frauenanteil in der Anästhesiologie lag 2022 bereits bei beachtlichen 44 Prozent. Dennoch sind Frauen in leitenden Positionen, etwa als Oberärztinnen oder auch Chefärztinnen, noch deutlich unterrepräsentiert. „Implizite Geschlechtervorurteile und Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehören zu den Gründen“, erklärt Prof. Dr. Carla Nau. Sie ist Direktorin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck und war eine der federführenden Kräfte bei der Gründung der Kommission Anästhesiologinnen, die innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) im Sommer 2021 ins Leben gerufen wurde.
Seitdem ist die Kommission ihrem Ziel, die Repräsentanz der Frauen in der Anästhesiologie auf allen Ebenen zu fördern, bereits ein großes Stück nähergekommen. So wurde die Satzung der DGAI entsprechend geändert und enthält nun folgenden Passus: „Die Gesellschaft setzt sich für eine ausgewogene Beteiligung der Geschlechter, unabhängig von Herkunft, Ethnie, Religion, Alter oder Behinderung, auf allen Ebenen der Gesellschaft und ihrer Aktivitäten sowie für eine Förderung der Repräsentanz von Frauen auf jeder Ebene des Faches im Rahmen der Möglichkeiten der Gesellschaft ein.“
„Auf einem guten Weg zu einer ausgewogenen Geschlechtervertretung“
Weiterhin sorgt die Kommission dafür, bei Kongressen und Fachveranstaltungen eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Vortrags- und Diskussionsrunden sicherzustellen. Zu diesem Zweck soll u.a. eine Datenbank aufgebaut werden, in der sich kompetente Frauen registrieren lassen können, um ihre Sichtbarkeit bei der Rekrutierung für Gremien oder Veranstaltungen zu erhöhen. Professor Nau, die in diesem Jahr auch Kongresspräsidentin des neuen DGAI-Jahreskongresses in Kassel ist, ermutigt alle Fachärztinnen der Anästhesiologie dazu, Verantwortung zu übernehmen, sich zu vernetzen und ihre Ziele zu verfolgen. „Die Anästhesiologie ist auf einem guten Weg zu einer ausgewogeneren Geschlechtervertretung“, freut sich Prof. Nau.
Das unterstreicht auch Prof. Dr. Grietje Beck, die 2023 zur ersten weiblichen Präsidentin des BDA gewählt worden ist. Im vergangenen Jahr hat das Präsidium die Gründung des neuen „Forums Anästhesistinnen im BDA“ (BDA = Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V.) beschlossen. Ziel des Forums ist es, die beruflichen und sozialen Interessen von Anästhesistinnen im Berufsverband zu wahren und zu fördern, deren berufspolitische Belange und Standpunkte gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit zu vertreten sowie ihnen eine Möglichkeit zum Austausch und „networking“ zu bieten – sowohl innerhalb des Verbandes, als auch in Zusammenarbeit mit anderen berufspolitischen Organisationen. Darüber hinaus will sich das neue Gremium für mehr Frauen in leitenden anästhesiologischen Positionen einsetzen.
„Wir möchten den Frauen im BDA künftig eine Reihe von Angeboten machen, wie z.B. die Hilfe bei Wiedereingliederung nach einer Berufs- oder Familienpause oder die Entwicklung und Stärkung von Führungskompetenzen, um Mut zur Leitung von Bereichen oder Kliniken zu machen “, erklärt Prof. Beck. Außerdem soll der mögliche Schritt zur Selbständigkeit mit einer Niederlassungsberatung unterstützt werden.
Als ein erstes Projekt des „Forums Anästhesistinnen im BDA“ hat das Präsidium direkt die Umsetzung der Fortbildung „Führungskompetenz für Frauen in der Anästhesiologie“ beschlossen, die nun für den Herbst 2024 geplant ist.
Forschungspreis für engagierte Frauen in der Anästhesiologie
Bereits seit 2016 fördert die Charlotte Lehmann-Stiftung in besonderer Weise den Weg von Frauen in der Anästhesiologie. So wird im Sinne der Stifterin Dr. Charlotte Lehmann einmal im Jahr ein Forschungspreis an junge Wissenschaftlerinnen vergeben. „Charlotte Lehmann war die erste Chefärztin in der deutschen Anästhesiologie und hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Stiftung begabte und motivierte Ärztinnen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen – vor allem, wenn sie Führungspositionen in unserem Fachgebiet anstreben“, erklärt Dr. Karin Becke-Jakob, die Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Der Forschungspreis der Charlotte Lehmann-Stiftung ist mit 20.000 Euro Preisgeld heute eine der am höchsten dotierten Auszeichnungen in der Anästhesiologie und unterstreicht insbesondere die Bedeutung des Themas Karriereförderung für Frauen.
Mit all den Maßnahmen wollen sich DGAI, BDA und Charlotte Lehmann-Stiftung weiterhin aktiv dafür einsetzen, die Frauen in der Anästhesiologie zu unterstützen und zu fördern und eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Frauen ihr volles Potenzial entfalten können.
Pressemitteilung der DGAI e.V. und des BDA e.V.
März 2024